Ungefähr um das Jahr 98 n. Chr. schrieb der römische Historiker Tacitus (ca. 58–120 n. Chr.) eine kurze ethnographische Schrift über die Germanen. Sie wurde seit der Frühen Neuzeit, also dem Zeitalter zwischen dem Spätmittelalter (Mitte 13. Jahrhundert bis Ende 15. Jahrhundert) und dem Übergang vom 18. Jahrhundert zum 19. Jahrhundert, verstärkt gelesen und entfaltete auf diese Weise eine erhebliche Breitenwirkung.
Im Zuge einer Recherche zur Geschichte meines Heimatortes Rhoden (heute Landkreis Waldeck-Frankenberg in Nordhessen) bin ich auf ein Buch des deutschen Historikers Heinrich Böttger (* 02.10.1801 in Förste am Harz; † 29.08.1891 in Cannstatt) unter dem Titel „Wohnsitze der Deutschen in dem von Tacitus in Seiner Germania beschriebenen Lande: Aus den Originalquellen des Julius Cäsar, Strabo, Vellejus, Tacitus, Plinius des Aeltern, Ptolemäus, Pomponius Mela, Sueton, Florus, Dio Cassius u. a.“ aus dem Jahr 1877 gestoßen.
Böttger schreibt dort – Zitat:
Seite 52:
„Wie Tacitus dem gröszten Feinde der Römer, dem Cheruskenfürsten Hermann, voll Anerkennung seiner Kraft und Weisheit, ein Denkmal gesetzt hat in den Worten: „Hermann, unstreitig Deutschlands Befreier, der nicht, wie andere Könige und Fürsten, das römische Volk bei beginnender Macht, sondern bei der höchsten Blüthe der Herrschaft anzugreifen wagte, in Schlachten nicht immer gleich glücklich, im Kriege unbesiegt“ – so ist er auch seinen, durch diesen Fürsten siegreichen Cherusken gerecht geblieben. In demselben Jahre 17 n. Chr., in welchem Germanicus am 25. Mai über die Cherusken, Chatten, Angrivarien und einige andere bis an die Elbe wohnende Völkerschaften triumphirte (s. oben Note 44), baten die Sueven um Hülfe gegen die Cherusken. „Denn als die Römer abgezogen und die Deutschen frei von äuszerlicher Furcht waren, hatten sie nach Volksgewohnheit und damals aus Wetteifer um Ruhm die Waffen gegen sich selbst gewandt. Die Macht der Nationen, die Tüchtigkeit der Anführer blieb sich gleich; den Marobod machte aber der Königsname verhasst bei den Volksgenossen, den für Freiheit kämpfenden Hermann umfing die Gunst.“
Deshalb nahmen nicht nur Cherusken und ihre Verbündeten, Hermann’s alte Kriegsmacht „den Krieg auf; sondern auch suevische Völkerschaften aus Marobod’s Reich, Semnonen und Langobarden fielen zu ihm ab.“
Vom Rheine bis zur Oder stand Deutschland auf Hermann’s Seite. „Durch den Zutritt der Semnonen und Langobarden hätte Hermann die Uebermacht bekommen, wenn nicht Inguomer mit einer Schaar Ergebener zu Marobod übergegangen wäre „aus keinem andern Grunde, als weil der Oheim ein Greis es für entwürdigend erachtete, des Bruders Sohne, einem Jünglinge, zu gehorchen“.
Seite 53:
Das war der Krebsschaden, durch welchen die Cherusken in inneren Kämpfen geschwächt, einen Fürsten von Rom sich hatten erbitten müssen 93), und darauf „träge und thöricht*‘ wurden. Tacitus kann es sich nicht versagen, sie zur Zeit ihrer Siege über Rom’s Macht „brav und zuverlässig“ zu nennen, ihre „Mäszigkeit und Biederkeit^ bei ihrer Macht der späteren Trägheit gegenüber zu stellen. Indem er aber einen „Untergang der Cherusken“ durch die „Weisheit der siegreichen Chatten“, in welchen auch die benachbarten „Fosen mit fortgerissen wären“, voraussetzt, beschreibt er sie in der Zeit, in welcher er seine Germania im Jahre 96 abgefasst hat. Besiegt wurden die Cherusken von den Chatten im Jahre 84, wo ihr Fürst Chariomer Hülfe bei den Römern suchen musste 94).
Im Jahre 47 n. Chr. standen die Fürsten der Cherusken und Chatten noch in Blutsverwandtschaft zu einander. Denn „in demselben Jahre erbat sich die Völkerschaft der Cherusken einen König von Rom, nachdem durch innere Kriege die Edlen verloren waren, und nur Einer aus dem königlichen Geschlecht übrig war, der in Rom gehalten wurde, Namens Italicus. Von väterlicher Seite stammte er von Flavus Hermann’s Bruder, ab ; seine Mutter war eine Tochter des Chattenfürsten Catumerus“„dass Chariomer, König der Cherusken, von den Chatten anfangs wegen Freundschaft mit den Römern ver-???
Seite 54:
Darnach sind auch die Worte zu beurtheilen: „Die Völkerschaft der Chauken zieht sich an der Seite aller Völkerschaften, die ich genannt habe, entlang, bis er an die Chatton ausläuft“.
In Wirklichkeit vermag aber Niemand eine gröszere Eroberung der Chatten in Cheruskien zu erkennen, als dass ein getheilter Gau (H D VI) Hessa (Saxonicus) und (lI H VI) Hessim (Saxonicus) den Namen der Chatten (Hessorum) führt, welche in Franken heimisch waren und, indem sie den eroberten Gau der Cherusken in Sachsen, an der Seite ihres Hessengaues, nach ihrem Namen tauften, das Siegesbewusstsein durch Saxonicus zur Geltung brachten, zugleich aber den ursprünglichen Namen dieses eroberten Gaues verschwinden machten.
Von den Fosen weisz Tacitus nur zu berichten, dass sie im „Glücke geringer gewesen sind“, als die Cherusken, in deren „Untergang sie mit fortgerissen wurden.“
Seite 55:
Im Jahre 58 waren also Chatten und Cherusken noch benachbarte Völkerschafften. Die Annahme eines Untergangs („ruina“) der Cherusken durch die Chatten scheint also ihre Quelle in dem bittern Gefühle zu haben, dass vor allen wider Rom Verbündeten die Cherusken zur Vernichtung der römischen Macht in Deutschland durch ihren Fürsten Hermann gekämpft und gesiegt hatten.
Die Sigambern (als Empörte gegen Varus) „exoisi“ (s. oben S. 26), die Brukteren (nach der Vernichtung des Varus und seiner Legionen) „penitus excisi“ (s. S. 40) und die „ruina Cheruscorum“ sind Schlagworte der Römer zum Troste über ihre erlittene Schmach durch die Deutschen. „Später jedenfalls steht dieses Volk (der Cherusken) nur in noch gröszerer Macht den Franken und Thüringern gegenüber, als Kern der sächsischen Völkervereinigung (Baumstark, Com. Taciti Germania bes. für Studirende S. 115).
Seite 56:
Wir trafen neben den Cherusken südöstlich die Chatten (S. 21) mit den Sueven-Langobarden (S. 22, 23, Note 32, S. 27, 44, 51 und 55), westsüdwestlich die Sigambern (S. 22, Note 40 und S. 27) und westlich die Brukteren (Note 70). Dann folgen nordwestlich die Chasuarien (Note 40), und nördlich die Dulgibinen. Von da ab trafen wir ferner nördlich die Angrivarien (S. 44), nordöstlich die Fosen (S. 52, 54) und östlich die Kamaven (S. 54). Darauf beschlieszen südöstlich die Hermunduren die Völkerschaften, welche die Cherusken umgeben.
Die Cherusken war also in folgenden Gauen Germaniens beheimatet:
- (II D VI) Hessa Saxonicus und (lI H VI) Hessim Saxonicus (mit dem Untergaue Hemmerfeldun) neben den Chatten;
- (II D VII) Niftharsi (mit dem Untergaue e. Gambeke) neben den Chatten, Sueven-Langobarden und Sigambern;
- (II D VIII) Almango (mit den Untergauen f. Soratvelde, g. Sinethvelt, h. Matfeld und i. Silbiki) und (II D IX) Patherga noch neben den Sigambern;
- (II C VI) Grainga neben den Brukteren, Chasuarien, Dulgibinen und Angrivarien;
- (II E III) Osterpurge, (II E Y) ‚Bucki (mit dem Untergaue Cizide) und (Il E la) Scapevelden am angrivarischen Wall neben den Angrivarien;
- (II E VI) Maerstem (mit dem Untergaue Selessen) neben den Angrivarien u. Fosen; (II E IV) Tilithi (II H I) Suilberge und (II H V) Rittiga neben den Kamaven;
- (II H IY) Hlisgo neben den Kamaven und Hermunduren ;
- (II H III) Lagni (mit dem Untergaue Nordagoe) neben den Hermunduren.
- Ueberdies noch, von den yorstehenden Gauen umschlossen, in den Gauen: (II H II) Moronga, (II D V) Netga, (II D lV) Auga, (II D III) Huettagoe (mit dem Untergaue d. Gesinegauwe), (II D II) Theotmalli und (II D I) Wehsigo (mit den Untergauen a. Hayerga, b. Limga und c. Aga).
Der folgende Kartenausschnitt zeigt, dass das spätere Rhoden (heute: 34474 Diemelstadt), zu dem um das Jahr 800 erste Siedlungsspuren nachweisbar sind in Form eines karolingischen Hofs welches 1020 n. Chr. erstmalig urkundlich erwähnt wurde, im Grenzgebiet zwischen dem Gau Nihthersi oder Niftharsi (= Ittergau), an der Grenze zu Hessa Saxonicus wo Cherusker und Chatten lebten und Almango, wo Cherusker und Sigambern lebten, lag bzw. liegt. Im Frühmittelalter lag Rhoden im Grenzgebiet zwischen Altsachsen und Franken und dürfte auch von den Sachsenkriegen des fränkischen Königs Karls des Großen zwischen 772 und 800 n. Chr. tangiert worden sein.

Der Kartenausschnitt stammt aus einer Karte unter dem Titel „Medieval Duchies (in colour) and Gaue in the Holy Roman Empire around year 1000, including Old Saxony (Saxonia)„:

Tacitus schrieb in seiner Schrift über die Germanen – Zitat aus der Übersetzung des Guttenberg-Projekts:
1. Geographisches Gesamtbild Germaniens: Lage, Grenzen, Hauptströme
(1) Germanien wird als Ganzes von den Galliern, Rätern und Pannoniern durch die Flüsse Rhein und Donau, von den Sarmaten und Dakern durch gegenseitige Furcht oder Gebirge geschieden. Das Übrige umfließt das Weltmeer, das tiefe Landeinschnitte und Inseln von unermesslicher Ausdehnung umfasst, wobei man erst kürzlich einige Völkerschaften und Könige kennen lernte, die der Krieg erschlossen hat.
(2) Der Rhein entspringt auf dem unzugänglichen und schroffen Gipfel der rätischen Alpen, wendet sich dann in einer ziemlichen Krümmung gegen Westen und vermischt sich zuletzt mit dem nördlichen Weltmeer.
(3) Die Donau entströmt einem sanft und gemach ansteigenden Bergrücken des Abnobagebirges und berührt mehrere Völkerschaften, bis sie in das pontische Meer in sechs Armen hinausbricht; die siebte Mündung wird durch Sümpfe verschlungen.
2. Die Einwohner und ihre Urgeschichte
(1) Die Germanen selbst möchte ich für Ureinwohner halten und durchaus nicht durch die Einwanderung und den Aufenthalt anderer Völkerschaften vermischt, weil einerseits in alter Zeit nicht zu Land, sondern auf Flotten diejenigen ankamen, die ihre Wohnsitze zu verändern suchten, und dann weil das unermessliche und sozusagen widerwärtige Weltmeer jenseits nur selten von unserem Erdkreis aus zu Schiff besucht wird.
(2) Wer hätte ferner, ganz abgesehen von der Gefährlichkeit eines unwirtlichen und unbekannten Meeres, Asien, Afrika oder Italien verlassen sollen – um nach Germanien zu ziehen, in das wüste Land mit rauem Himmel, abschreckend für den Anbau und den Anblick, – außer wenn man es zum Vaterland hat?
(3) Sie preisen in alten Liedern, der einzigen bei ihnen vorkommenden Art der Überlieferung und von Geschichtsquellen, den erdentsprossenen Gott Tuisto und seinen Sohn Mannus als Stammväter und Gründer ihres Volkes. Dem Mannus schreiben sie drei Söhne zu, nach denen die zunächst am Weltmeer wohnenden Ingävonen, die in der Mitte Herminonen, die übrigen Istävonen heißen sollen.
(4) Manche stellen, wie ja das hohe Altertum dazu die Befugnis gibt, mehrere Söhne des Gottes und mehrere Völkerbenennungen auf: Marser, Gambrivier, Sueben, Vandilier und erklären diese für die echten alten Namen.
(5) Übrigens sei die Bezeichnung Germanien neu und erst seit kurzem übernommen, weil die ersten, die über den Rhein gegangen seien und die Gallier verdrängt hätten, zwar jetzt Tungrer, damals aber Germanen geheißen hätten. Dieser Name eines Stammes – nicht des ganzen Volkes – habe allmählich solche Bedeutung gewonnen, dass alle mit einem Namen, den ihnen zuerst der Besieger wegen des furchterregenden Eindrucks, bald auch sie selbst sich beilegten, Germanen genannt wurden.
3. Altertümliche Sagen
(1) Auch Herkules, erzählen sie, sei bei ihnen gewesen, und ihn besingen sie, wenn sie in die Schlacht ziehen wollen, zuerst von allen tapferen Männern. Auch haben sie noch andere Lieder, durch deren Vortrag, den sie Bardit nennen, sie den Mut entflammen und aus deren Ton allein sie schon den Ausgang des bevorstehenden Kampfes weissagen. Denn je nachdem der Ruf der Schlachtlinie klingt, fühlen sie sich schrecklich oder zaghaft, und sie sehen darin weniger einen Zusammenklang der Stimme als der Tapferkeit.
(2) Vornehmlich erstrebt man Rauheit des Tones und ein gedämpftes Murmeln; dazu halten sie die Schilde vor den Mund, damit die Stimme durch den Widerhall desto voller und tiefer anschwillt.
(3) Übrigens glauben einige, auch Odysseus sei auf seiner langen abenteuerlichen Irrfahrt in dieses Weltmeer geraten und habe die Länder Germaniens besucht, und Askiburg, das am Ufer des Rheins liegt und noch heutigen Tags bewohnt wird, sei von ihm gegründet und benannt worden. Ja man habe sogar einen Altar, den Odysseus geweiht habe, mit dem Namen seines Vaters Laertes darauf, an der gleichen Stelle vor Zeiten gefunden, und Denkmäler und eine Art von Grabmälern mit griechischen Inschriften seien im Grenzgebiet von Germanien und Rätien noch jetzt vorhanden.
(4) Diese Dinge mit Gründen zu bestätigen oder zu widerlegen, ist nicht meine Absicht: Jeder möge ihnen nach seiner Denkweise Glauben beimessen oder verweigern.
4. Das körperliche Aussehen der Germanen
(1) Ich selbst trete deren Meinung bei, die glauben, dass die Völkerschaften Germaniens, ohne je durch eheliche Verbindungen mit anderen Stämmen fremdartige Bestandteile in sich aufgenommen zu haben, ein eigenständiges, reines, nur sich selbst ähnliches Volk geworden sind.
(2) Daher ist auch die Körperbeschaffenheit trotz der großen Menschenzahl bei allen die gleiche: blaue Augen mit wildem Ausdruck, rötliches Haar, hochgewachsene und nur für den Angriff starke Leiber.
(3) Für Mühsal und Arbeiten haben sie nicht in dem selben Maß Ausdauer, und am wenigsten ertragen sie Durst und Hitze. An Kälte und Hunger haben sie sich infolge Klima oder Boden gewöhnt.
5. Boden und Erzeugnisse Germaniens
(1) Obwohl sich das Land nach seiner Erscheinung beträchtlich unterscheidet, ist es doch im allgemeinen entweder mit unwirtlichen Wäldern oder mit wüsten Sümpfen bedeckt; feuchter in der Richtung gegen Gallien, windiger in der Richtung gegen Noricum und Pannonien hin, hinreichend ertragreich, für Fruchtbäume ungeeignet, an Vieh reich, aber meistens kleinwüchsig.
(2) Selbst den Rindern mangelt ihre eigentümliche Auszeichnung und der Schmuck ihrer Stirn; die Zahl ist es, die ihre Freude ausmacht, und dies ist ihr einziger und liebster Reichtum.
(3) Silber und Gold haben ihnen die Götter versagt, – ob aus Gnade oder Zorn, ist mir zweifelhaft. Doch möchte ich nicht mit Bestimmtheit behaupten, dass in Germanien keine Ader Silber oder Gold hervorbringt; denn wer hätte dem nachgespürt?
(4) Auf seinen Besitz und Gebrauch legen sie keinen besonderen Wert. Man kann bei ihnen silberne Gefäße sehen, die ihre Gesandten und Fürsten zum Geschenk bekommen haben und nicht höher geachtet werden als die irdenen. Doch haben die uns Nächsten wegen des Handelsverkehrs Gold und Silber schätzen gelernt, erkennen einige Sorten unseres Geldes an und nehmen sie mit Vorliebe; die weiter innen haben einfacher und altertümlicher noch den Tauschhandel. Beim Geld loben sie das alte und lang bekannte, Serraten und Bigaten.
(5) Auch sind sie auf Silber mehr aus als auf Gold, nicht aus innerer Neigung, sondern weil die größere Zahl der Silbermünzen leichter zu gebrauchen ist für Leute, die allerlei und wenig Wertvolles kaufen.
6. Bewaffnung und Kriegswesen
(1) Selbst Eisen ist nicht im Überfluss vorhanden, wie sich aus der Art ihrer Angriffswaffen schließen lässt. Nur einzelne haben Schwerter oder größere Lanzen. Spieße oder – nach ihrer eigenen Benennung – Framen führen sie mit schmalem und kurzem Eisen, das aber so scharf und zum Gebrauch handlich ist, dass sie mit der selben Waffe, je nach Umständen, in der Nähe oder aus der Ferne kämpfen.
(2) Und der Reiter wenigstens begnügt sich mit Schild und Frame; die Leute zu Fuß verschleudern auch Wurfgeschosse, jeder mehrere, und sie werfen sie außerordentlich weit, da sie nackt sind oder mit dem Mantel leicht bekleidet. Kein Prunken in der Ausstattung: nur die Schilde bemalen sie mit den ausgesuchtesten Farben.
(3) Wenige haben Panzer, kaum der eine oder andere Sturmhaube oder Helm. Die Pferde zeichnen sich nicht durch schöne Gestalt, nicht durch Geschwindigkeit aus; aber sie werden auch nicht nach unserer Sitte zu allen möglichen Wendungen abgerichtet: gerade aus oder mit einer einzigen Schwenkung nach rechts treiben sie sie in so geschlossenem Bogen, dass keiner hinter den anderen ist.
(4) Auf das Ganze gesehen ist ihr Fußvolk der stärkere Teil; deswegen kämpfen sie auch gemischt, indem zu dem Gefecht der Reiter die Geschwindigkeit der Leute zu Fuß vollständig stimmt; diese lesen sie aus der gesamten Mannschaft aus stellen sie vor der eigentlichen Schlachtreihe auf; auch ihre Zahl ist festgelegt:
(5) je hundert sind es aus einem Gau und ebenso heißen sie auch unter ihren Leuten, und was anfänglich eine Zahlbezeichnung war, ist jetzt Titel und Ehre.
(6) Die Schlachtreihe wird in keilförmigen Haufen aufgestellt. Von der Stelle zu weichen, vorausgesetzt, dass man wieder vordringt, gilt bei ihnen eher als Klugheit als für Feigheit. Leichname ihrer Leute bringen sie auch in ungewissen Schlachten zurück. Seinen Schild zurückzulassen ist die größte Schande: weder gottesdienstlichen Handlungen beizuwohnen noch in eine Versammlung zu kommen ist einem solchen Ehrlosen gestattet; viele, die einen Krieg überlebten, haben ihrem entehrten leben durch den Strick ein Ende gemacht.
7. Fürsten, Heerführer, Priester; Einfluss der Frauen
(1) Die Könige nehmen sie nach ihrem Adel, die Heerführer nach der Tapferkeit.Auch die Könige haben keine schrankenlose und willkürliche Gewalt, und die Heerführer gewinnen ihre ausgezeichnete Stellung mehr durch ihr Vorbild als durch Befehlsgewalt, durch die Bewunderung, die sie einflößen, wenn sie entschlossen sind, wenn sie sich hervortun, wenn sie Vorkämpfer sind.
(2) Übrigens hat weder zum Strafen, noch zum Fesseln, noch auch zum Züchtigen irgend jemand die Befugnis außer den Priestern, und auch diese nicht wie zur Strafe oder auf des Anführers Geheiß, sondern gleichsam auf Befehl des Gottes, von dem sie glauben, dass er den Kämpfenden zur Seite steht.
(3) Auch nehmen sie gewisse Bilder und Abzeichen, die sie aus den Hainen holen, mit sich in die Schlacht, und ein ganz besonderer Antrieb zur Tapferkeit ist der Umstand, dass nicht Zufall oder beliebiges Zusammenscharen die Mannschaft oder den Keil bildet, sondern Familienbande und Verwandtschaften; und in nächster Nähe sind ihre Liebsten, so dass man von dort das Geheul der Weiber, das Wimmern der Kinder vernehmen kann.
(4) Sie sind für jeden die heiligsten Zeugen, sie die höchsten Lobredner. Zu ihren Müttern, zu ihren Frauen tragen sie ihre Wunden, und jene scheuen sich nicht, die Schläge zu zählen und zu untersuchen, und tragen ihnen selbst Speisen und Zuspruch ins Gefecht.
8. Achtung vor den Frauen
(1) Man erzählt Beispiele, dass Schlachtreihen, die schon wankten und halb geworfen waren, von den Frauen, dadurch wieder hergestellt wurden, dass sie beharrlich flehten, sich mit ihrer Brust entgegenwarfen und auf die ihnen nunmehr drohende Gefangenschaft hinwiesen, die sie für ihre Frauen mit noch viel größerer Unruhe fürchteten, so dass ein besonders wirksames Mittel, eine Gemeinde zu verpflichten, ist, wenn man ihr unter den Geiseln auch edle Jungfrauen abverlangt.
(2) Ja sie legen ihnen sogar eine gewisse Heiligkeit und einen Blick in die Zukunft bei und weisen weder ihre Ratschläge zurück noch missachten sie ihre Aussprüche.
(3) Wir haben unter dem verewigten Vespasian erlebt, dass die Veleda lange Zeit bei sehr vielen als höheres Wesen galt. Aber auch schon vor Alters verehrten sie die Aurinia (Albruna) und mehrere andere Frauen als heilig, nicht aus Schmeichelei und ohne sie damit zu Göttinnen machen zu wollen.
9. Götterverehrung
(1) Von den Göttern verehren sie am meisten den Merkur, dem sie an bestimmten Tagen auch Menschenopfer darzubringen für Recht halten. Herkules und Mars versöhnen sie durch zulässige Tieropfer.
(2) Ein Teil der Sueben opfert auch der Isis. Worin Anlass und Ursprung des fremden Gottesdienstes liegen, habe ich nicht mit Sicherheit erfahren können nur dass uns das Bild selbst, das in der Art eines Schnellseglers gestaltet ist, über eine Einführung der Verehrung von außen belehrt.
(3) Übrigens finden sie es der Größe der Himmlischen nicht angemessen, die Götter in Tempelwände zu bannen oder sie irgendwie menschlichen Zügen ähnlich darzustellen. Haine und Waldtriften betrachten sie als heilig und bezeichnen mit dem Namen Gottheit jenes Geheimnisvolle Etwas, das sie einzig mit dem Auge der Andacht schauen.
10. Losen und Wahrzeichen
(1) Auf Wahrzeichen und Losen achten sie so sehr als nur irgend ein Volk. Beim Losen halten sie es einfach. Von einem Fruchtbaum hauen sie einen Zweig ab, zerschneiden ihn in Reiser, unterscheiden diese durch gewisse Zeichen voneinander und streuen sie dann über ein weißes Tuch hin ohne Plan und nach bloßem Zufall.
(2) Sodann spricht, wenn sich die Befragung auf öffentliche Angelegenheiten bezieht, der Priester der Gemeinde, wenn auf persönliche, der Hausvater selbst ein Gebet zu den Göttern, richtet seinen Blick zum Himmel empor, hebt dreimal je eines auf und gibt dann entsprechend dem vorher darauf eingedrückten Zeichen die Deutung.
(3) Ist ihre Antwort abschlägig, findet für diesen Tag keine Befragung über den gleichen Gegenstand mehr statt; ist sie zustimmend, wird noch überdies die Bestätigung der Vorzeichen erfordert. Auch ist es jedenfalls hier bekannt, das Geschrei und den Flug der Vögel zu befragen; eigentümlich aber ist es diesem Volk, es auch mit Vorahnungen und Weissagungen der Pferde zu versuchen.
(4) Sie werden auf öffentliche Kosten in den Waldtriften und Hainen gehalten, sind glänzend weiß und von keiner irdischen Arbeit berührt. Diese werden vor den heiligen Wagen gespannt, und der Priester und der König – oder das Haupt der Gemeinde – begleiten ihn und geben auch ihr Wiehern und Schnauben Acht.
(5) Und tatsächlich wird keinem Wahrzeichen größere Glaubwürdigkeit beigemessen, nicht nur bei dem einfachen Volk, sondern auch bei den Vornehmen, bei den Priestern; denn sich betrachten sie als Diener der Götter, jene als deren Vertraute. Es gibt auch noch eine andere Art, die Vorzeichen die beobachten, auf die sie den Ausgang wichtiger Kriege im voraus erkunden:
(6) Von dem Volk, mit dem Krieg ist, lassen sie einen Gefangenen, dessen sie, gleich wie, habhaft geworden sind, mit einem aus ihren Leuten ausgewählten Mann, beide in ihrer heimischen Bewaffnung, sich messen: der Sieg des einen oder des anderen wird als Vorentscheidung angenommen.
11. Beratungen und Volksversammlungen
(1) Über weniger wichtige Angelegenheiten halten die Häuptlinge Rat, über wichtigere alle, doch in der Weise, dass auch diejenigen Gegenstände, worüber das Volk die Entscheidung hat, von den Häuptlingen vorbehandelt werden.
(2) Ihr Zusammentritt erfolgt, sofern nicht etwas Zufälliges und Unerwartetes vorgefallen ist, an bestimmten Tagen, zur Zeit des Neumonds oder des Vollmonds; denn für Geschäfte ist dies nach ihrer Meinung der verheißungsvollste Anfangspunkt. Auch zählen sie nicht nach Tagen, wie wir, sondern nach Nächten; so erfolgen die Verabredungen, geschehen die Vorladungen: die Nasch erscheint als Führerin des Tages.
(3) Eine üble Folge ihrer Unabhängigkeit ist, dass sie nicht gleichzeitig zum geforderten Zeitpunkt zusammenkommen, sondern der zweite und wohl auch dritte Tag durch ihre verspätetes Eintreffen verloren geht.
(4) Sobald es dem versammelten Haufen gefällig ist, lassen sie sich bewaffnet nieder. Die Priester, die dann das Recht zur Bestrafung haben, gebieten Stille.
(5) Sofort hört man den König oder den Häuptling an, je nach dem Einfluss, den jedem seine Jahre verliehen haben oder sein Adel oder seine Auszeichnung im Krieg oder seine Beredsamkeit, wobei jene eigentlich nur einen gewichtigen Rat geben können, aber keine Befehlsgewalt haben.
(6) Missfällt der Vorschlag, weisen sie ihn durch lautes Murren zurück; gefällt er ihnen aber, schlagen sie die Framen zusammen. Die ehrenvollste Art der Zustimmung ist es, mit den Waffen den Beifall zu äußern.
12. Befugnisse der Versammlungen: Peinliches Recht, Todesstrafen, Bußen
(1) In der Volksversammlung kann man auch als Kläger auftreten und einen peinlichen Prozess anhängig machen. Die Strafen sind je nach Vergehen verschieden. Verräter und Überläufer hängt man an Bäumen auf; Feiglinge, Kriegsscheue und körperlich Unzüchtige versenkt man in Schlamm und Sumpf und wirft noch Flechtwerk obendrein.
(2) Diese Verschiedenheit der Todesart geht von der Rücksicht aus, dass Verbrechen offen behandelt werden sollten, wenn man sie bestraft, Schandbares dem Anblick entzogen. Aber auch leichtere Vergehen haben ihre entsprechende Strafe: mit einer Anzahl Pferde und kleinen Viehs büßt, wer überführt ist. Ein Teil der Buße fällt dem König oder der Gemeinde, ein Teil demjenigen zu, der sein Recht verfolgt, oder dessen Verwandten.
(3) Auch werden in diesen Versammlungen Häuptlinge gewählt, die in den Gauen und Dörfern umher Recht sprechen. Jedem von ihnen stehen hundert aus dem Volk zur Seite, um ihm Rat und zugleich Ansehen zu verleihen.
13. Das Tragen von Waffen. Die Fürsten und ihr Geleit
(1) Keine Handlung, weder in öffentlichen noch in privaten Angelegenheiten, nehmen sie anders vor als bewaffnet. Doch keinem erlaubt es die Sitte, die Waffen eher anzulegen, als die Gemeinde ihn taugich erklärt. Dann wird in der Versammlung selbst der junge Mann entweder von einem Häuptling oder von seinem Vater oder von Verwandten mit mit Schild und Frame geschmückt. Das ist bei ihnen die Mannestoga, das die erste Ehre des jugendlichen Alters. Bis zu diesem Augenblick werden sie als Glieder des Hauses gesehen, von da an des Gemeinwesens.
(2) Besonders vornehmer Adel oder große Verdienste der Väter verleihen schon jungen Männern fürstlichen Rang; sie werden anderen, Kräftigeren und schon längst Erprobten, zugesellt, und es ist keine Schande, im Gefolge zu erscheinen.
(3) Ja die Gefolgschaft selbst hat sogar Rangstufen nach dessen Urteil, dem sie sich angeschlossen haben; und es findet ein lebhafter Wetteifer statt, einesteils unter den Gefolgsleuten, wer den ersten Rang bei seinem Fürsten habe, andererseits unter den Fürsten, wer das zahlreichste und tatkräftigste Gefolge.
(4) Das heißt Würde, das heißt Kraft, immer von einem großen Kreis erlesener junger Männer umgeben zu sein, im Frieden eine Zierde, im Krieg ein Bollwerk. Und nicht bloß bei dem eigenen Volk, sondern auch bei den angrenzenden Völkerschaften macht das einen Namen, macht das Ruhm, wenn einer durch die Zahl und Tapferkeit seines Gefolges hervorragt; denn man sucht sie mit Gesandtschaften auf, beehrt sie durch Geschenke und oft schlagen sie allein schon durch ihren Ruf einen Krieg nieder.
14. Kriegerisches Wesen. Dienst und Unterhalt des Geleits
(1) Steht man in der Schlacht, ist es eine Schande für den Fürsten, sich an Tapferkeit übertreffen zu lassen, eine Schande für das Gefolge, es an Tapferkeit dem Fürsten nicht gleich zu tun; vollends aber bringt es Ehrlosigkeit und Vorwürfe für das ganze Leben, seinen Fürsten überlebend aus der Schlacht zurück zu kommen. Ihn zu verteidigen, zu schützen, auch die eigenen tapferen Leistungen ihm zum Ruhm anzurechnen, ist die höchste Eidespflicht. Die Fürsten kämpfen für den Sieg, das Gefolge für den Fürsten.
(2) Wenn das Gemeinwesen, in dem sie geboren sind, in langem Frieden und Untätigkeit erlahmt ist, suchen sehr viele adlige Jünglinge von sich aus die Stämme auf, die im Augenblick einen Krieg führen, weil einerseits die Ruhe dem Volk unwillkommen ist und sie dann inmitten von Gefahren leichter zu Ruhm gelangen, sich ein großes Gefolge auch nur durch Gewalt und Krieg erhalten lässt.
(3) Sie erwarten nämlich von der Freigebigkeit ihres Fürsten ihr Streitross, ihre blutgetränkte, sieggewohnte Frame; denn Gastmähler und zwar schlichter, aber reichlicher Unterhalt zählen als Sold. Die Mittel zum Schenken gewähren Krieg und Raub.
(4) Das Land zu pflügen oder geduldig auf den Ertrag des Jahres zu warten, wird man sie nicht so leicht überreden, als die Feinde herauszufordern und sich Wunden zu holen. Als Faulheit, vielmehr Schlaffheit kommt es ihnen vor, mit Schweiß zu erwerben, was man mit Blut gewinnen kann.
15. Lebensweise im Frieden
(1) Sooft sie nicht in den Krieg ziehen, bringen sie weniger Zeit mit Jagen zu, als mit Müßiggang: sie geben sich dem Schlaf hin und dem Essen. Gerade die Tapfersten und Kriegstüchtigsten sind völlig unbeschäftigt, indem sie die Sorge für Haus, Herd und Feld den Frauen übertragen haben, so wie den Greisen und allen Schwachen aus dem Gesinde. Sie selbst faulenzen nach dem seltsamen Widerspruch in ihrem Wesen, dass die gleichen Menschen in solcher Weise die Untätigkeit lieben und die Ruhe hassen.
(2) Es ist Brauch in den Gemeinden, dass man von selbst und jeder ohne Ausnahme den Fürsten Gaben an Vieh oder Feldfrüchten darbringt, was als Ehrengeschenk angenommen wird und zugleich den dringendsten Bedürfnissen abhilft.
(3) Ganz besondere Freude machen ihnen die Geschenke der angrenzenden Völkerschaften, die nicht bloß von einzelnen Personen, sondern auch von Staats wegen übersandt werden, erlesene Rosse, ausgezeichnete Rüstungen, Pferdeschmuck und Halsketten. Jetzt haben sie auch Geld zu nehmen von uns gelernt.
Zitat Ende (Que.
So sah es also aus der Sicht eines Zeitzeugen im heutigen Deutschland vor rund 2000 Jahren aus. Selbst wenn man berücksichtigt, dass Tacitus als Zeitzeuge subjektiven Eindrücken und Interpretationen unterliegt und nicht das gesamt Bild über die Germanen kennen konnte, handelt es sich um eine originäre Quelle, in der die Lebensverhältnisse der damaligen Zeit aus erster Hand geschildert wurden.
Zur Einstimmung auf das 1.000-jährige Jubiläum von Rhoden vom 21. bis 23.06.2019 hatte ich folgende wissenswerte Informationen zum Mittelalter aufbereitet:
Unsere schöne Stadt Rhoden wurde zwischen 1015 und 1020 erstmals urkundlich erwähnt. Erste Siedlungsspuren können bis in das Jahr 800 zurückverfolgt werden. Die Gründung von Rhoden fällt somit in die Epoche, die man heute als „Mittelalter“ bezeichnet. Im Frühmittelalter lag Rhoden im Grenzgebiet zwischen Altsachsen und Franken und dürfte auch von den Sachsenkriegen des fränkischen Königs Karl dem Großen zwischen 772 und 800 tangiert worden sein (siehe: https://de.wikipedia.org/…/Sachsenkriege_Karls_des_Gro…).
Rhoden lag dabei auf dem Gebiet der Altsachsen, bei denen es sich um einen westgermanischen Völkerverband handelte, der sich vermutlich im 3. Jahrhundert bildete und seit dem 4. Jahrhundert sicher belegt ist. Die Stämme der Chauken, Angrivarier und Cherusker schlossen sich zu den Sachsen zusammen. Diese Herkunft ist heute noch anhand der niederdeutschen Sprache (Rööske Platt) und der Bauart der Bauernhäuser in Rhoden nachvollziehbar. Weiterführende Informationen dazu findet Ihr in früheren Beiträgen auf dieser Facebook-Seite.
Das Mittelalter bezeichnet in der europäischen Geschichte die Epoche zwischen dem Ende der Antike und dem Beginn der Neuzeit, also etwa die Zeit zwischen dem 6. und 15. Jahrhundert. In 1244 wurde Rhoden von Graf Adolf I. von Waldeck als „oppidum meum“, also als „meine Stadt“ bezeichnet, so dass davon auszugehen ist, dass Rhoden seit mindestens 775 Jahren Stadtrechte besitzt.
Eine mittelalterliche Stadt hob sich durch ihr äußeres Erscheinungsbild vom Umland ab. Stadtmauern, Türme und Tore sowie auch der tägliche Markthandel mit Kaufmannsgut und Handwerksprodukten unterschieden sie deutlich von den ländlichen Siedlungen. Im Zusammenhang mit den Lebensumständen der Bürger innerhalb einer Stadt und auch den Beziehungen der Städte und Gemeinden untereinander kam dem Stadtrecht eine herausragende Stellung zu.
Die persönliche Freiheit der Bürger, ihr Recht auf Grundbesitz und das daraus abgeleitete Erbrecht bildeten den Mittelpunkt des Stadtrechts.
Die mittelalterliche Gesellschaft war politisch, wirtschaftlich und sozial gekennzeichnet durch den Feudalismus und seine Erscheinungsformen der Grundherrschaft, des Lehnswesens und des Vasallentums. Die darauf beruhende Einteilung der Gesellschaft in Freie, Minderfreie und Unfreie, die sich in der Ständeordnung konkretisierte, führte einige Wenige – den Klerus und den Adel – in eine vorteilhafte Lebenslage.
Die Mehrheit der Bevölkerung des Mittelalters setzte sich aus Bauern und einfachen Bürgern zusammen, deren wirtschaftliche Situation dergestalt war, dass sie oft nicht über die nötigen Mittel verfügten, um ihre Existenz zu sichern.
Gleichzeitig war das Mittelalter von der Naturalwirtschaft geprägt. 90 Prozent der Bevölkerung waren Bauern, die die Grundlage für den Reichtum der Kirche und des Adels erarbeiteten. Ihr Ansehen war dennoch nur äußerst gering. Stabilisiert wurde dieses System der Ausbeutung der Mehrheit durch eine Minderheit durch die Kirche, die eine Position bezog, die die Ständeordnung als gottgegeben propagierte.
Das Mittelalter war die Zeit in der sich das Christentum durchgesetzte. Im Laufe der Zeit tat sich der Papst als sehr mächtige Institution hervor. Die Menschen waren damals sehr gläubig und auch gottesfürchtig und die Religion spielte eine zentrale Rolle in ihrem Leben. Es wurden zahlreiche Klöster, Kirchen und Kathedralen errichtet.
Die Frau des Mittelalters befand sich generell in einem Unterordnungsverhältnis zum Mann. Sie war sozial, wirtschaftlich und rechtlich von ihm abhängig. Die im Rechtssystem verankerte niedrige soziale Stellung der Frau führte zu vielerlei Nachteilen wie beispielsweise zum Ausschluss von öffentlichen Ämtern.
Im Mittelalter war der Großteil der Bevölkerung einer kleinen Oberschicht unterworfen. Die einfachen Menschen mussten laufend um ihr Leben kämpfen und jeder Winter war eine große Herausforderung. Währenddessen konnte sich der Adel zurücklehnen und rauschende Feste feiern.
Aber auch das gemeine Volk feierte gerne, wenn die Umstände das zuließen. Mit dem Aufblühen des Handwerks entwickelten sich ab dem Hochmittelalter zahlreiche Berufe und Wohlstand machte sich mehr und mehr breit. Alles in allem kann man jedoch sagen, dass das Leben sehr hart war, was auch an einer sehr hohen Sterblichkeitsrate zu sehen war.
Während die Tische des Adels und der Wohlhabenden meist gut gedeckt waren, wurde bei den Bauern hauptsächlich Brot, Käse und Schweinefleisch gegessen. Die Milch bekamen die Menschen damals hauptsächlich von Ziegen und Schafen. Weit verbreitet waren auch mit Gerste oder Hafer zubereitete Getreidebreie oder Eintöpfe.
Das beliebteste Getränk war wohl Bier. Es wurden mit verschiedensten Getreidesorten hergestellt und oft in rauen Mengen getrunken. Auch Met und Wein wurden gerne konsumiert.
Wie so Vieles war natürlich auch die verfügbare Freizeit stark vom sozialen Rang abhängig. Genauso auch die dann ausgeübten Freizeitaktivitäten. Beliebt war es beispielsweise sich von Gauklern auf Jahrmärkten unterhalten zu lassen. Auch Würfelspiele oder Brettspiele (wie zum Beispiel Schach) wurden gerne gespielt. Kinder hatten natürlich nicht die Auswahl an Spielzeugen wie heute, aber sie amüsierten sich wohl auch prächtig mit ihren Steckenpferden oder einem Metallreifen, den sie mit einem Stecken antrieben.
Weiterführende Informationen siehe: https://www.leben-im-mittelalter.net/
Wie in einem der letzten Beiträge bereits erwähnt, war Rhoden nach Ende des Dreißigjährigen Krieges ab 1648 zeitweise Residenz des Grafen und späteren Fürsten Georg Friedrich von Waldeck, der zwischen 1647 und 1654 auf den Grundmauern der Burg das heutige Schloss Rhoden errichten ließ. Um 1650 ließ er die Neustadt in Rhoden anlegen. 1664, als er die Grafschaft Waldeck-Eisenberg erbte, zog er um in das aufstrebende Arolsen.
Zum Abschluss noch ein kleines Gedicht von Heinz Erhardt:
„Er ging und stand nun vor dem Tor. Da kam ein langer Pilgerchor, der grade nach Italien strebte und hauptsächlich vom Singen lebte. Als er den Pilgerzug erblickte schrie er, sodass er fast erstickte: Hinweg ihr Socken und ihr Schuhe, s wird Zeit, dass ich jetzt Buße tue! Wie sündig ist mein ganzer Leib! Wer schert mein Haar? Was schert mich Weib? Auch ich kauf mir so eine Kutte! Ich pfeif auf Venus, diese! Nun, sprach da des Pilgerzuges Leiter, so pilgre mit uns! Gleich gehts weiter! Ich bin für euch nicht gut genug! Geht! Ich komm mit dem nächsten Zug! Ob er nun tatsächlich gezogen gen Rom oder gelogen (wir wollen nur das Erste hoffen!), bleibt offen…“
Heinz Ehrhardt (1909 1979)