Im Jahr 2019 lebten in Deutschland 83,17 Millionen Menschen (42,13 Millionen Frauen und 41,04 Millionen Männer). Frauen haben laut Statistischem Bundesamt in Deutschland eine durchschnittliche Lebenserwartung von ca. 83,4 Jahren, während Männer nur auf ca. 78,6 Jahre kommen. Die durchschnittliche Lebenserwartung der Gesamtbevölkerung (Männlein und Weiblein) liegt also bei ca. 81 Jahren.

Diese durchschnittliche Lebenserwartung hat sich in den vergangenen 130 Jahren deutlich erhöht:

  • Eine in der letzten Dekade des 19. Jahrhunderts (1891 bis 1900) in Deutschland geboren Frau konnte mit einer durchschnittlichen Lebenserwartung von nur 44 Jahren rechnen; bei Männern waren es 40,6 Jahre.
  • Frauen, die kurz nach dem zweiten Weltkrieg (1949 bis 1951) in Deutschland geboren wurden, hatten eine durchschnittliche Lebenserwartung von 68,5 Jahren, während Männer auf 64,6 Jahre kamen.
  • In 1995 bis 1997 geborene Frauen erreichten erstmalig eine durchschnittliche Lebenserwartung von 80,0 Jahren (Männer: 73,6 Jahre).

Tabellen mit der Entwicklung der durchschnittlichen Lebenserwartung von Frauen und Männern in Deutschland zwischen 1891 und 2018 finden Sie auf dem Internet-Portal „Deutschland in Zahlen“ auf Basis von Zahlen des Statistischen Bundesamtes. Die wesentlichen Ursachen für diese erfreuliche Entwicklung dürften Verbesserungen u. a. bei Ernährung, Hygiene, Wohnen, medizinischer Versorgung, Arbeitsbedingungen und Luftqualität sein.

81 Jahre entsprechen 972 Monaten bzw. 4.212 Wochen bzw. 29.565 Tagen bzw. 709.560 Stunden (oder 42.473.600 Minuten bzw. 2.554.416.000 Sekunden, wenn man es auf die Spitze treiben will). Das scheint ein recht langer Zeitraum zu sein, dessen Begrenztheit und Endlichkeit man sich häufig erst mit zunehmendem Alter bewusst wird. Auf jeden Fall handelt es sich um eine überschaubare Zeitspanne, bei der irgendwann im Laufe eines Lebens die Frage auftaucht, wie man sie möglichst sinnvoll nutzen kann.

Die Zeitschrift „P.M. Fragen & Antworten“ hat in Ihrer Januar-Ausgabe in 2014 verschiedene Quellen und Statistiken zum Thema „Wie verbringen wir unsere Lebenszeit“ analysiert (u. a. „American Time Use Survery“, „Der Mensch in Zahlen“ aus dem Spektrum Akademischer Verlag sowie „The Book of Times“ aus dem Verlag William Morrow). Die Ergebnisse sind erstaunlich. Gemäß P.M. verbringen wir den größten Teil unserer begrenzten Lebenszeit wie folgt (die nachfolgenden Zahlenangaben summieren sich auf 72 Jahre, 8 Monate und 2 Wochen):

  1. Schlafen: 292 Monate (= 24 Jahre + 4 Monate)
  2. Fernsehen: 144 Monate (= 12 Jahre)
  3. Gespräche: 144 Monate (= 12 Jahre) – davon geht es 34 Monate (= 2 Jahre + 10 Monate) um Klatsch, Tratsch und Witze
  4. Arbeit: 96 Monate (= 8 Jahre)
  5. Essen: 60 Monate (= 5 Jahre) – davon werden 26 Monate (= 2 Jahre + 2 Monate) Mahlzeiten gekocht und Brote geschmiert
  6. Autofahren: 30 Monate (= 2 Jahre + 6 Monate)
  7. Schul- und Weiterbildung: 22 Monate (= 1 Jahr + 10 Monate)
  8. Sport: 19 Monate (= 1 Jahr + 7 Monate)
  9. Putzen: 16 Monate (= 1 Jahr + 4 Monate)
  10. Kino, Theater oder Konzerte: 12 Monate (= 1 Jahr)
  11. Waschen und Bügeln: 9 Monate
  12. Spielen mit den eigenen Kindern: 9 Monate
  13. Toilette: 6 Monate
  14. Computerspiele: 4 Monate
  15. Vereinssitzungen: 3 Monate
  16. Kneipenbesuche: 3 Monate
  17. Arztbesuche: 3 Monate
  18. Beten: 2 Wochen

Möglicherweise wird Ihnen die Angabe von 8 Jahren bzw. 96 Monaten für den Posten „Arbeit“ arg niedrig vorkommen, eine kurze Plausibilisierung zeigt jedoch, dass die Größenordnung stimmt:

  • 8 Stunden/Arbeitstag x 20 Arbeitstage/Monat x 12 Monate/Jahr x 40 Jahre = 76.800 Stunden Arbeit während des gesamten Arbeitslebens
  • 24 Stunden/Tag x 365 Tage/Jahr = 8.760 Stunden/Jahr
  • 76.800 Stunden Arbeit während des gesamten Arbeitslebens : 8.760 Stunden/Jahr = 8,77 Jahre

Die Differenz zu den 8 Jahren, die in dem P.M.-Artikel aus dem Jahr 2014 genannt werden, dürfte aus niedrigeren Annahmen für die durchschnittliche Tagesarbeitszeit (8 Stunden/Tag) und Lebensarbeitszeit (40 Jahre/Arbeitsleben) resultieren. Außerdem sind in meiner Rechnung Urlaubs- und Feiertage nicht berücksichtigt.

Der Posten „Fernsehen“ auf Platz 2 mit 12 Jahren Lebenszeit ist ebenso überraschend, wie schockierend – vor allem in Relation zu den gerade mal 22 Monaten für den Posten „Schul- und Weiterbildung“, den 19 Monaten für den Posten „Sport“ oder den 9 Monaten für den Posten „Spielen mit eigenen Kindern“. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang, dass in den letzten 30 bis 40 Jahren eine zunehmende Digitalisierung der Freizeitgestaltung stattgefunden hat – weg von Freizeitaktivitäten im realen Leben, hin zu Online-Shopping, Online-Gaming, Online-Dating, Video-on-Demand sowie Kommunikation über Video, E-Mail oder Short-Messaging und natürlich der exzessiven Nutzung von Social Media-Plattformen wie Facebook, YouTube, Instagram, Tik Tok, Twitter, Pinterest oder Snapchat im privaten Bereich bzw. LinkedIn und XING im geschäftlichen Bereich, von Messengern wie WhatsApp oder Facebook-Messenger oder Video-on-Demand-Plattformen wie Netflix, Amazon-Prime oder Apple-TV.

Kurzer Exkurs: Der erste Microcomputer, der eine nennenswerte Verbreitung fand, war der Apple II im Jahr 1977. Das Bauprinzip wurde von IBM kopiert und der erste Personal Computer (das IBM model 5150) wurde ab 1981 gebaut und verkauft. 1989 stellte Tim Berners-Lee seine Idee des World Wide Web (WWW) vor. In den folgenden Jahren wurden HTML, HTTP, URLs, Browser und Webserver entwickelt (siehe auch „Es war einmal … das Internet“ vom 29.12.2020). Das Internet wurde damit massentauglich und verbreitete sich rasant. Mit Yahoo und Lycos nahmen 1994 die ersten Suchmaschinen ihren Betrieb auf; Google ging erst am 15.09.1997 online und entwickelte sich in den folgenden Jahren zu dominierenden Suchmaschine über die heutzutage 90 % der weltweiten Suchvorgänge abgewickelt werden. Erhebliche Schübe erfuhr das Internet durch Social Media-Plattformen wie Facebook (online seit 04.02.2004) und durch die Einführung des ersten Apple iPhone (ab 29.06.2007 in den USA und ab 09.11.2007 in Europa). Seither verbringt ca. die Hälfte der Erdbevölkerung immer größere Teile ihrer kostbaren begrenzten Lebenszeit im und mit dem Internet. Exkurs Ende

Die wichtigsten Statistiken und Trends aus dem globalen „State of Digital“-Report von Hootsuite und We are Social aus dem Januar 2021 vermitteln einen Eindruck, welche Bedeutung Internet, Soziale Medien und Digitalisierung mittlerweile in unserem Leben einnehmen:

  • Bevölkerung: Anfang 2021 lebten 7,83 Milliarden Menschen auf unserem Planeten. Laut den Vereinten Nationen wächst diese Zahl derzeit um 1 % pro Jahr – das entspricht 80 Millionen Menschen in den 12 Monaten zwischen Januar 2020 und Januar 2021.
  • Mobile Kommunikation: 5,22 Milliarden Menschen nutzen heute ein Mobiltelefon – das entspricht 66,6 % der Weltbevölkerung – und es gibt 8,02 Milliarden Mobilfunkanschlüsse. Die Zahl der einzelnen Mobilfunknutzer ist seit Januar 2020 um 1,8 % (93 Millionen) gestiegen, während die Gesamtzahl der Mobilfunkanschlüsse um 72 Millionen (0,9 %) zugenommen hat.
  • Internet: 4,66 Milliarden Menschen auf der ganzen Welt nutzen im Januar 2021 das Internet – die Internet-Durchdringung liegt damit bei 59,5 % der Weltbevölkerung, was einem Anstieg um 316 Millionen (7,3 %) seit Januar 2020 entspricht. COVID-19 hat die Entwicklung der Internet-Nutzerzahlen erheblich beeinflusst, so dass die tatsächlichen Zahlen höher sein dürften.
  • Soziale Medien: Es gibt jetzt 4,20 Milliarden Nutzer sozialer Medien auf der ganzen Welt – was 53,0 % der Weltbevölkerung entspricht. Diese Zahl ist in den letzten 12 Monaten um 490 Millionen gewachsen – das ist ein Wachstum von mehr als 13 % im Vergleich zum Vorjahr.

Der „State of Digital“-Report, der jährlich veröffentlicht wird, bietet einen reichhaltigen Fundus an Daten und Fakten rund um die Digitalisierung. Die folgende Grafik aus dem „State of Digital“-Report 2021 zeigt die vorgenannten Angaben nochmals im Überblick:

Laut der gleichen Quelle verbringt der typische Social-Media-Nutzer im Alter von 16 bis 64 Jahren im weltweiten Durchschnitt täglich 2 Stunden und 25 Minuten in sozialen Medien. Spitzenreiter sind die Social Media-Nutzer auf den Philippinen mit 4 Stunden und 15 Minuten; Schlusslicht sind die Japaner mit „nur“ 51 Minuten.

Dabei ist die Social Media-Nutzung ja nur eine Teilmenge der gesamten Internet-Nutzung. Laut dem „State of Digital“-Report 2021 verbringt der durchschnittliche globale Internetnutzer im Alter von 16 bis 64 Jahren heute insgesamt fast 7 Stunden pro Tag (genau: 6 Stunden und 54 Minuten) mit der Nutzung des Internets über alle Geräte hinweg, was mehr als 48 Stunden pro Woche entspricht, also mehr als zwei volle Tage pro Woche (!). Geht man davon aus, dass der Durchschnittsmensch ca. 8 Stunden pro Tag schläft, bedeutet dies, dass die Menschen auf unserem Planeten im Durchschnitt ca. 42 % ihres wachen Lebens online verbringen und dass sie fast so viel Zeit mit bzw. im Internet verbringen, wie sie schlafen.

Und damit ist das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht. Denn den Fernseher gibt es ja nach wie vor und außerdem noch jede Menge andere „Gadgets“, also technische Spielereien und digitale Services, die weder den Sozialen Medien, noch dem Internet zuzuordnen sind, und die einen riesigen Teil unserer Lebenszeit und Lebensenergie absorbieren:

Lassen Sie uns den Verbrauch an Lebenszeit auf Basis der vorgenannten Daten mal kurz überschlagen – und zwar mit Fokus auf Deutschland und unter der (konservativen) Annahme, dass der Konsum digitaler Medien im Durchschnitt erst im Alter von 14 Jahren beginnt und am Ende des Lebens im Alter von 81 Jahren endet (dass die Nutzung digitaler Medien mit 64 schlagartig ändert, kann man wohl mit gesundem Menschenverstand ausschließen). Damit kommen wir auf eine Nutzungsdauer von 68 Jahren bzw. 24.820 Tagen, die wir in Relation zur Lebenszeit eines durchschnittlichen Bundesbürgers in Deutschland von 81 Jahren setzen müssen.

  • Lebenszeit, die wir für Soziale Medien verwenden:
    a) 24.820 Tage x rund 2,5 Stunden/Tag = 62.050 Stunden
    b) 62.050 Stunden : 24 Stunden/Tag = 2.585 Tage
    c) 2.585 Tage : 365 Tage/Jahr = 7,08 Jahre bzw. 8,7 % von 81 Jahren (!)
  • Lebenszeit, die wir fürs Fernsehen verwenden:
    a) 24.820 Tage x rund 3,5 Stunden/Tag = 86.870 Stunden
    b) 86.870 Stunden : 24 Stunden/Tag = 3.620 Tage
    c) 3.620 Tage : 365 Tage/Jahr = 9,92 Jahre bzw. 12,2 % von 81 Jahren (!!)
  • Lebenszeit, die wir für den Internet-Konsum verwenden:
    a) 24.820 Tage x rund 7 Stunden/Tag = 173.740 Stunden
    b) 173.740 Stunden : 24 Stunden/Tag = 7.239 Tage
    c) 7.239 Tage : 365 Tage/Jahr = 19,83 Jahre bzw. 24,5 % von 81 Jahren (!!!)

Selbst wenn wir unterstellen, dass die Hälfte des Internet-Konsums (= 9,92 Jahre) während der Arbeitszeit stattfindet, weil das Internet heute natürlich auch integraler Bestandteil unternehmerischer Aktivitäten ist, sollten die Zahlen bedenklich stimmen. Wenn ein durchschnittlicher Bundesbürger ein Drittel seiner Lebenszeit (ca. 27 Jahre) damit verbringt auf einen Computer-Monitor, ein Smartphone-Display oder auf einen Fernseh-Bildschirm zu starren, statt sich um seine Gesundheit und Fitness zu kümmern, menschliche Beziehungen zu seiner Familie oder seinen Freunden im echten Leben zu pflegen, sich weiterzubilden oder einfach nur die Seele baumeln zu lassen und sich zu entspannen, dann läuft etwas gewaltig schief. Man kann zwar auch beim Surfen im Internet eine ganze Menge lernen (und ich bin ein ausgesprochener Fan von selbstorganisiertem, eigenverantwortlichen Lernen), allerdings dürfte das häufig zufalls- und ereignisgesteuerte Lernen durch Surfen im Internet eine andere Qualität haben, als strukturierte und fokussierte Aus- und Weiterbildung unter der Anleitung von Experten an professionellen Bildungseinrichtungen. Was die „YouTube-University“ bei ihren „Studenten“ anrichten kann, war im Zuge der Coronakrise vielfach in Sozialen Medien zu beobachten.

Die Smartphone-Betriebssysteme Android von Google und iOS von Apple bieten mittlerweile die Möglichkeit, seine „Bildschirmzeit“ zu überprüfen. Checken Sie doch mal, wie lange Sie in der letzten Woche im Tagesdurchschnitt Ihr Smartphone benutzt haben. Es würde mich überraschen, wenn das Ergebnis Sie nicht überrascht würde.

Keine Virtual Reality-Simulation kann das Erlebnis eines echten Naturwunders im realen Leben ersetzen, keine Videokonferenz kann das menschliche Miteinander im realen Leben ersetzen, kein Online-Konzert kann den Besuch eines echten Musikevents im realen Leben ersetzen, kein Cybersex der Welt kann menschliche Liebe und Zuneigung in der realen Welt ersetzen. Nach meinen subjektiven Beobachtungen sind immer mehr Nutzer von Sozialen Medien (auch prominente „Influencer“) angewidert von der Diskussions(un)kultur, den Anfeindungen und dem Mobbing, welches sich auf Social Media-Plattformen wie Twitter, Facebook oder Instagram täglich abspielt. Und doch gibt es viele Hipster und Trendsetter, die sich begierig auf jeden neuen Digitalisierungs-Hype stürzen (jüngstes Beispiel ist „Clubhouse“), auch wenn dies dazu führt, dass sie noch mehr Zeit im Cyberspace verplempern und amerikanischen und chinesischen Datenkraken noch mehr personenbezogene Daten von sich und ihren Familien und Freunden zum Fraß vorwerfen. Absurd, finden Sie nicht?

Wichtig: Viele kleine Schritte, die Sie kontinuierlich jeden Tag praktizieren, führen zum Erfolg oder zum Misserfolg. Beispiel: Wenn Sie jeden Tag einen 55 Gramm schweren Snickers-Riegel verzehren, nehmen Sie 305 Kilokalorien (kcal) zu sich. 305 Kilokalorien pro Tag, die Sie nicht durch Bewegung wieder verbrauchen, entsprechen 2.135 Kilokalorien pro Woche bzw. 9.150 Kilokalorien pro Monat. Da 1 Kilogramm Fett einen Brennwert von ca. 7.000 Kilokalorien hat, bescheren Ihnen 30 Snicker-Riegel einen Gewichtszuwachs von 1,3 Kilogramm pro Monat bzw. 15,7 Kilogramm pro Jahr. Praktizieren Sie dies über 5 Jahre, nehmen Sie rund 80 kg zu. Upps … Glücklicherweise funktioniert diese Logik auch in der anderen Richtung. Ein anderes Beispiel: Wenn Sie es schaffen, jeden Tag nur 15 Minuten zu investieren, um 7 Vokabeln einer Fremdsprache zu lernen, kommen Sie auf 210 Vokabeln pro Monat bzw. 2.520 Vokabeln pro Jahr. Sprachen haben normalerweise einen Grundwortschatz von 2.000 Worten. Das heißt mit einem Aufwand von nur 15 Minuten pro Tag versetzen Sie sich innerhalb von weniger als einem Jahr in die Lage, sich mit Menschen aus fremden Ländern und Kulturen zu verständigen. Klingt das nicht reizvoll? Zum Vergleich: Eine Folge von „House of Cards“ auf Netflix dauert ca. 50 Minuten und mit einer Folge von „The walking Dead“ verbrauchen Sie rund 45 Minuten Ihrer kostbaren Lebenszeit. What you focus on grows. Die Entscheidung, worauf Sie sich fokussieren und Ihre Zeit allokieren, liegt bei Ihnen.

Zitat aus einem ZEIT-Artikel vom 18.07.2016 unter der Überschrift „Das Geheimnis der Resonanz„: „Wer auf neue Gedanken kommen will, braucht auch das freie Assoziieren, das divergente Denken, das Abschweifen. Random Episodic Silent Thinking (REST) sagen Psychologen dazu. Nichts tun. Löcher in die Luft starren. Tagträumen. Den Gedanken nachhängen. Es ist jener Betriebsmodus des Gehirns, in dem Kommissare in berühmten Krimis ihren Aha-Moment haben. Und Nobelpreisträger ihren Heureka-Moment. „Wenn ihr zu hart arbeitet, werdet ihr immer in dieselbe Richtung gehen“, sagte der britische Medizinnobelpreisträger Paul Nurse unlängst vor chinesischen Nachwuchsforschern. „Nur ohne Druck kommt ihr auf neue Gedanken. Wenn ihr wirklich gut sein wollt, dürft ihr nicht zu hart arbeiten.“ Manche erleben ihre REST-Momente beim Sport, andere beim Spazierengehen, beim Spielen, beim Aus-dem-Fenster-Gucken oder Busfahren. Aber sie stellen sich immer seltener ein, sagt Rainer Holm-Hadulla, der Papst der deutschen Kreativitätsforschung, weil man jede Zwischenzeit mit dem Smartphone füllt. „Der ausufernde Mediengebrauch verhindert Originalität.“ Das ist die Kultur des gesenkten Blicks.“

Was wäre, wenn der Durchschnittsmensch von den rund 7 Stunden, die er täglich im Internet verplempert je eine Stunde abzweigen und in seine Gesundheit und Fitness, in seine Bildung und in seine Familie investieren würde? Glauben Sie nicht, dass die Welt ein deutlich besserer Ort sein könnte?

Deshalb lautet der Titel dieses Blogs: Googeln Sie noch oder leben Sie schon? Beides gleichzeitig ist schwer miteinander vereinbar. Merke: Das Leben ist draußen – nicht nur außerhalb der Wohnung, sondern auch außerhalb des Internets, außerhalb von Social Media-Plattformen und außerhalb von Netflix und WhatsApp. Und wenn Ihre Enkel Sie am Ende Ihres Lebens fragen: „Opa/Oma, was hast Du in Deiner Jugend gemacht?“ sollten Sie eine andere Antwort parat haben, als: „Ich habe im Internet gesurft, alle Folgen von House of Cards geschaut und meine Kindheit mit Diskussionen in Sozialen Medien verplempert.“.

Ergänzende Lektüre:

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